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55. Vom Kind
Wer von Tugend erfüllt ist
ist wie ein neugeborenes Kind
giftige Insekten stechen es nicht
wilde Bestien beißen es nicht
Raubvögel greifen es nicht
Seine Knochen sind weich
seine Muskeln sind schwach
aber sein Griff ist fest
Es weiß noch nichts von Mann und Frau
doch sein Geschlecht
zeigt und erregt sich schon
Es ist voller Lebenskraft
es schreit den ganzen Tag
und wird davon nicht heiser
in vollendetem Einklang
Das Wissen vom Einklang
ist das Unendliche
Das Wissen vom Unendlichen
ist die Erleuchtung
Zunehmendes Alter bringt Unheil
zunehmender Willen bringt Stärke
zunehmende Stärke bringt Erstarrung
Das ist nicht mehr der rechte Weg
daher geht es bald zu Ende
22. Vom Sichbescheiden
Was nachgibt, wird vollkommen
was biegsam ist, wird gerade
was leer ist, wird voll
was vergeht, wird neu
was zuwenig ist, wird bereichernd
was zuviel ist, wird verwirrend
Darum hält sich der Weise an das Eine
und wird zum Vorbild der Welt:
Er beachtet sich nicht
und ist darum geachtet
Er schätzt sich nicht
und ist darum geschätzt
Er rühmt sich nicht
und ist darum berühmt
Er bewundert sich nicht
und wird darum bewundert
Weil er nicht streitet
kann niemand mit ihm streiten
Ist es nicht wahr,
was die Alten sagten?
Was nachgibt, wird vollkommen
So waren sie vollkommen
31. Von den Waffen
Waffen sind Werkzeuge des Unglücks
bei allen Geschöpfen verhasst
Wer den rechten Weg geht
der läßt sie liegen
Der Weise liebt das Schöpferische
der Krieger liebt das Zerstörerische
Waffen sind Werkzeuge des Unglücks
und nicht Werkzeuge des Weisen
Er verwendet sie nur
wenn er keine Wahl hat
Ruhe und Friede sind ihm das Höchste
Und ein Sieg ist kein Grund zur Freude
Freude am Siegen ist Freude am Töten
Wer jedoch Freude am Töten hat
wird in der Welt keine Erfüllung finden
Wenn viele Menschen getötet werden
müssen sie voll Kummer betrauert werden
Darum ist jeder Sieg eine Trauerfeier
53. Vom Verlassen des rechten Wegs
Wer Erkenntnis gewinnt
geht auf dem rechten Weg
und vermeidet alle Umwege
Der rechte Weg ist gerade
das Volk liebt die Umwege
Der Hof prächtig geschmückt
die Felder voll Unkraut
die Scheunen leer
die Kleider voll Prunk
mit scharfem Dolch gegürtet
übersatt von Trank und Speise
sind Schätze und Reichtümer angehäuft
Das ist Maßlosigkeit und Räuberei
und sicher nicht der rechte Weg
57. Von der Mühelosigkeit
Durch rechtschaffene Leitung des Staates
durch seltenen Gebrauch der Waffen
durch Nicht-Tun gewinnst du die Welt
Woher ich weiß, dass dies so ist ?
Darum:
Je mehr Verwaltung umso mehr Armut
je mehr Waffen umso mehr Gewalt
je mehr Geschick umso mehr Hinterlist
je mehr Gesetze umso mehr Verbrechen
Darum sagt der Weise:
Tue nichts
und das Volk wandelt sich von selbst
Achte auf die Stille
und das Volk bessert sich von selbst
Sei ohne Mühe
und das Volk versorgt sich von selbst
Sei ohne Wunsch
und das Volk bescheidet sich von selbst
66. Von der Demut
Warum führt das Meer die Ströme
die Ströme die Flüsse
die Flüsse die Quellen?
Weil sie niedriger sind als jene
Darum:
Um über das Volk erhaben zu sein
muss man sich darunter stellen
Um dem Volk voran zu gehen
muss man sich dahinter stellen
Darum ist der Weise
erhaben ohne das Volk zu bedrücken
führend ohne dem Volk zu schaden
So freut sich das Volk ihm zu folgen
Weil er sich nichts erstreitet
will niemand mit ihm streiten
81. Vom Weg des Himmels
Wahre Worte sind nicht schön
schöne Worte sind nicht wahr
Der Gute streitet nicht
der Streitende ist nicht gut
Der Wissende ist nicht gelehrt
Der Gelehrte unwissend
Der Weise sammelt keine Schätze
Je mehr er für andere wirkt
umso mehr gewinnt er selbst
Je mehr er den anderen gibt
umso größer ist sein Reichtum
Der Weg des Himmels ist
Nutzen ohne Schaden
Der Weg des Weisen ist
Wirken ohne Mühe
78. Vom Wasser
Nichts in der Welt
ist nachgiebiger und weicher als Wasser
doch nichts ist besser
um Hartes und Starkes zu überwinden
dank dem was es nicht ist
gelingt es ihm leicht
Das Weiche überwindet das Harte
das Schwache überwindet das Starke
Obwohl jeder es weiß
handelt keiner danach
Darum sagt der Weise:
Wer das Unheil auf sich nimmt
vermag das Land zu regieren
Wer das Unglück auf sich nimmt
vermag die Welt zu regieren
Oft klingt die Wahrheit widersinnig
 

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