Tao
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Die erste und weitaus bekannteste zu den taoistischen Klassikern zählende Schrift heißt Tao-têh-ching. Der Titel bedeutet soviel wie das Klassische Buch vom Tao und seiner Gestaltungskraft. In 81 Abschnitten enthält es nur etwa 5000 Zeichen und mithin Worte, weshalb die Taoisten oft einfach von den 5000 Zeichen (wu-ch'ien-tzu) sprechen. Das Werk gehört zu den zeitlosen und am gründlichsten in die Tiefe der Sache gehenden Büchern der Weltliteratur, weswegen es geradezu zum Opfer europäischer Übersetzer geworden ist. Bereits 1978 hat man von fast einem Dutzend Eindeutschungen gewußt, und durch das gesteigerte Interesse an der chinesischen Kulter, gerade der chinesischen Kunst der Lebensführung bis in die 90er, dürfte das Angebot, mitunter an Ratgebern, bereits ins Undurchschaubare gestiegen sein. Wobei die poetische Ader der chinesischen Sprache leicht zu verfehlten Deutungen führen kann. Als Verfasser des Tao-têh-ching gilt traditionsgemäß ein gewisser Lao-tzu (heute allgemein Laotse), der nach den amtlichen Aufzeichnungen der Historiker ein älterer Zeitgenosse des Konfuzius gewesen und somit im sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung gelebt haben müßte. Bei genauer Nachprüfung sind allerdings in diesen Daten Vermischungen von mindestens zwei Persönlichkeiten vorhanden. Außerdem schließt der Schreibstil auf das vierte Jahrhundert, in dem auch alle übrigen klassischen Lehrsysteme, auch die Ausreifung der Konfuzianischen Schule, erfolgt sind. Hinzu kommt die Annahme, daß dieses Werk von mehreren anonymen Verfassern erarbeitet sein muß, was auch aus einem widersprüchlichen Satz über Lao-tzu (Tzu steht für Meister) gelesen werden kann: "Mit seiner Lehre legte er es darauf an, selbst verborgen zu bleiben und sich keinen Namen zu machen." Das Motiv, Ruhm und Ehrungen zu entfliehen, ist ein Grundbaustein der taoistischen Schriften. Im 13. Abschnitt des Tao-têh-ching heißt es: "Gunst und Schande erschüttern gleichermaßen, Ehre ist eine die Persönlichkeit treffende Kümmernis (...) Wer Gunst empfängt, ist ein Untergebener. Empfängt er sie, bedingt dies eine Erschütterung, verliert er sie, bedingt es auch einer Erschütterung..." Dieses Satzgebilde belegt nebenbei eindrucksvoll, daß nicht bloß Konfuzius formulieren konnte, sondern die poetische Darstellung, ebenso auch die Darstellung in Metaphern fest zum chinesischen Sprachstil gehören.
Chuang Chou, genannt Chuang-tzu (Meister Chuang), verfaßte während seines Daseins von 365 bis 290 vor Christus einen weiteren, zumindest ebenbürtigen Klassiker. Der Reichtum und die Treffsicherheit seiner Metaphern wurde nur selten wieder erreicht. Sein Werk, von dem ihm heute lediglich die 1. Abteilung der inneren Kapitel zugesprochen wird, ist etwa um das zwanzigfache umfangreicher und besteht aus 33 in drei Abteilungen aufgeteilte Kapitel. Auch Chuang-tzu wiederholt das Ideal des verborgenen Meisters, des yin-shih. Zitat: "wie die Schildkröte, die lieber ihren Schwanz durch den Schlamm schleppt, als daß sie ihren Panzer im Tempel ehren läßt." Im alten China war es üblich, bei wichtigen Anlässen das Orakel zu befragen, indem man die Panzer getöteter Schildkröten, welche über dem Feuer erhitzt wurden, auf gebildete Risse hin las. Yin-chü, im Verborgenen leben kann man allerdings nicht als eigentliches Ziel des Taoismus ansehen. Die Einsamkeit sollte vielmehr als Hilfsmittel zur Selbstfindung genutzt werden, wenn die äußeren Umstände einen verfremdenden Einfluß bekommen. Als Ziel taoistischen Handelns nannte er den Begriff wu-wei, Nichtexistenz von Tun, wobei der Trugschluß aufkommen kann, daß ein Zurückziehen doch Ziel des Taoismus wurde. Allerdings ist mit diesem Begriff ein anderes Verhalten, nämlich das nicht beabsichtigte gesteuerte Tun, also das nicht überlegte, frei auf ein anderes Tun reagierende Tun gemeint, welches als Grundstock echter Menschlichkeit ohne falschen Einfluß gesehen wurde. Zitat: "Der Beispielhafte bleibt bei absichtlosem Tun und übt wortlose Lehre. Er bringt alle Wesen zur Entfaltung und versagt sich nicht. Er erzeugt und hält doch nicht im Besitz; er handelt und baut doch nicht auf sein Handeln. Hat er etwas geleistet, so verharrt er nicht dabei. Eben weil er nicht dabei verharrt, verläßt es ihn nicht."
Chuang-tzu beginnt somit, den Grundgedanken des Tao auszufeilen und zu erweitern, ihm ein definierteres Gerüst für die Umsetzung zu geben. Er geht bei der Beschreibung so weit, daß er das relative, das gewichtende Auffassen eines Menschen ablehnt und somit in Konflikt mit dem Individuellen gerät. Zitat: "Erkennen in der Welt alle das Schöne als schön, so ist das Häßliche gesetzt, erkennen alle das Gute als gut, so ist damit auch das Schlechte gesetzt. Denn Sein und Nichtsein entstehen wechselseitig, Schwieriges und Leichtes bedingen sich gegenseitig, Langes und Kurzes wechseln miteinander ab, Hohes und Niederes beruhen aufeinander, Ton und Stimme klingen zusammen, Vorderes und Hinteres hängen zusammen." Mit diesem Ausspruch hebt er die herrschenden Differenzen auf eine gleichwertige Ebene, wobei er gleichzeitig die Moral außer Kraft setzt, denn nach dieser Gewichtung wäre es egal, wie jemand handelt, denn es ist weder gut noch böse, sondern indifferent.
 

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