Es könnte im Jahre 11.000 v.Chr. geschehen sein. Im Gebiet, das später einmal "Teutoburger Wald" genannt wird, gerben Gruppen von Steinzeitmenschen einige Bärenfelle, andere zersplittern Knochen zu feinen Nadeln. Die Idylle des stillen Sommernachmittags wird plötzlich durch ein seltsames Rauschen und Donnern unterbrochen; dann senkt sich ein fremdartiger Gegenstand vom Himmel herab und setzt unter einer Flut von Feuer majestätisch auf einer Lichtung auf. Die Steinzeitmenschen stürzen in panischer Angst davon. Felle, Knochen, Feuerstelle ja selbst Keulen und Speere bleiben liegen. Etwas Schreckliches, Unfassbares war passiert. Was konnte es sein? Was konnte es wollen? Was vermochte es ihnen anzutun? Die Stammesältesten wurden befragt, aber sie wussten es nicht. Die Priester wurden zu Rate gezogen, aber sie vermochten keine Auskunft zu geben. Die Idole und Totems wurden um Hilfe gebeten, aber sie blieben stumm.
Die Augenzeugen füllten ihre angstbedingten Erinnerungslücken durch alle möglichen Erfindungen; die Berichte wurden zwar detaillierter, doch auch veränderter und entstellter. Einer unbesiegbaren Neugier folgend, kehrten kleine Gruppen ängstlicher Steinzeitmenschen schliesslich an den Ort des schrecklichen Geschehens zurück. Dort stand es nun vor ihnen. Sie beobachteten es aus dem Unterholz heraus, das ihnen zumindest einigen Sichtschutz bot. Sie starrten es an und warteten. Ihr primitiver Verstand versuchte weiterhin, eine Erklärung für dieses Ding zu finden, aber alle Anstrengungen waren vergebens: es stand unerklärbar und bedrohlich vor ihnen. Schliesslich sank die Abenddämmerung herab, aber die Steinzeitmenschen hielten weiter Wache. In dieser Nacht gab es für sie keine Rückkehr zu den vertrauten Stammesfeuern, keine Rückkehr zu Frauen und Kindern, keine Rückkehr zu den nächtlichen Zeremonien und Opfern.
Bei Tagesanbruch erreichte ihre Aufregung den Höhepunkt, als sie mit ungläubigen Augen sahen, dass eine Gruppe von Lebewesen, die ihnen ähnlich waren und ihnen doch wieder nicht glichen, aus dem Bauch des Ungeheuers kam, das vom Himmel gefahren war. Dann brach ein Bär durch das Unterholz, zog schnuppernd die Luft ein, humpelte drohend auf die Fremden zu, als ob er sie verscheuchen wolle. Eines der Wesen, das vom Himmel gekommen war, hob die Hand. Ein Blitz zuckte auf, das Tier wurde nach hinten geworfen, blieb reglos liegen.
Die darauffolgenden Ereignisse lassen sich auf verschiedene Weise darstellen. Vielleicht kam es nach einiger Zeit zu Kontakten zwischen den Steinzeitmenschen und den extraterrestrischen Besuchern. Vielleicht lebten die Fremden einige Zeit bei ihnen und wurden zu Lehrmeistern und Kulturbringern. Vielleicht wurden die Steinzeitmenschen studiert, so wie heutige Ethnologen verschiedene Stämme untersuchen.
Auch nach dem Abflug der fremden Wesen blieb die Erinnerung an ihren Aufenthalt im Herzen der Steinzeitmenschen lebendig. Aber bald gab es immer mehr Stammesangehörige, die nicht zu den Augenzeugen der Landung gehört und keinen Kontakt mit den Besuchern gehabt hatten. Die Verformbarkeit menschlicher Erinnerungen, das Fehlen schriftlicher Aufzeichnungen, der harte Daseinskampf und die Skepsis der Zweifler - alle diese Einflüsse verwandelten ein ursprünglich reales Ereignis in einen Mythos, dessen Details nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem Besuch der Ausserirdischen hatten. Es blieben vereinzelte Zeichnungen an den rauchgeschwärzten Wänden der Höhlen, es blieb die Sage von einem Feuerhaus, das vom Himmel herabgefahren sei, und es blieb ein vages Bewusstsein, dass es dort oben höhere Wesen geben müsse. Das war alles.
Im 20. Jahrhundert verbleiben nur wenige Reservate dieses Planeten, die keine Kontakte mit unserer Technologie hatten. Diese Rückzugsgebiete vereinzelter Stämme liegen vorwiegend in den Urwäldern Südamerikas, seltener in Afrika (Kalahari) und vor allen Dingen in der westpazifischen Inselwelt Melanesiens und Mikronesiens. Bei den ersten Kontakten mit unserer Technologie verhielten sich diese Völker nicht grundlegend anders als der erfundene Fall unserer Steinzeitmenschen. Auch lässt sich beweisen, dass in Die Lebensumstände dieser Menschen sind nach unserem technologischen Standard primitiv und in mancher Beziehung nicht viel besser als die der benachbarten australischen Ureinwohner. Das Eigenartigste an diesen Menschen ist ihre Religion. Sie konzentriert sich ausschliesslich auf eine geheimnisvolle Gestalt, einen Gott, den sie als "John Frum" kennen, und der natürlich nicht unter ihnen weilt. Die Insulaner tragen Tätowierungen auf ihrer Haut, die sie selbst nicht lesen können: USA. Sie versichern, vor langer Zeit habe sie der König eines fernen Landes, Amerika hiess es, besucht; der Gott habe sich John Frum genannt und habe versprochen, eines Tages zurückzukommen und ihr armseliges Leben zu bessern.
Frum muss ein Amerikaner gewesen sein, der offenbar allein nach Tanna verschlagen wurde und dem es gelang, ein gutes und bedeutungsvolles Verhältnis zu den Eingeborenen zu entwickeln. Er lehrte sie einiges und schenkte ihnen ein paar Münzen, zwei Geldscheine, einen Helm und andere Kleinigkeiten. Er gab ihnen sogar ein Foto, das entweder ihn selbst oder jemand anders darstellte. Nach Meinung der Insulaner bedeutet USA soviel wie "gelobtes Land". Gott Frum kannte die Geheimnisse der Natur, er unterrichtete sie über Blitz und Schall, über Wind und Himmelszeichen. Auch kannte er offensichtlich einige Heilmittel gegen Krankheiten. Vor allem aber war er anders als die Insulaner: er war grösser, hatte hellere Haut, sprach seltsam und pflegte merkwürdige Gewohnheiten.
Als in letzter Zeit Besucher aus dem Westen nach Tanna kamen, fanden sie eine ganze Nation vor, die auf die Rückkehr ihres Gottes John Frum wartete. Innert wenigen Jahrzehnten war eine neue Religion entstanden. Was spricht eigentlich so partout dagegen, dass unsere Vorfahren sich nicht ganz ähnlich verhielten, als höhere, ihnen überlegene Wesen auftauchten?
Am 16. Oktober 1978 strahlte die BBC-London in ihrer Dokumentarserie PANORAMA einen Film aus, in dem ein Raketenstart in Zaire, Afrika, gezeigt wurde. Die Kamera schwenkte auf eine Gruppe von Schwarzen, welche die Vorgänge bestaunten. Ein Dolmetscherfragte, was sie von dem Treiben hielten. Ein Neger antwortete: "Das sind unsere mächtigen Freunde, die Feuer in den Himmel schicken!" - Wer weiss, wenn die Männer der Weltraumfirma längst wieder abgerückt sind, wird sich dann ein "Raketenkult" entwickeln?
Als Ethnologen zum ersten Mal den Stamm der Tasaday (Philippinen) mittels Helikopter besuchten, warf sich eine alte Frau zitternd auf den Boden und verbarg ihr Gesicht. Der Rest des Stammes bestaunte das himmlische Ungetüm aus sicherer Entfernung. Nach den ersten, zaghaften Kontaktnahmen schmuggelten die Wissenschaftler ein Tonbandgerät in die Wohnhöhle einer Tasaday-Sippe und registrierten die Reaktionen auf ihren Besuch. Auf "dem Ding, das die Stimme stiehlt", wie die Tasaday es später nannten, drückten sie Ehrfurcht vor dem "grossen Vogel" aus, der ihnen viele wertvolle Geschenke gebracht hatte. Sie waren der Meinung, dass sie stets von neuem in den Genuss der feinen, fremden Dinge gelangten, sofern sie sich mit den Bewohnern des "grossen Vogels" gut stellten.
Das Beispiel der Tasaday belegt eindrücklich: Angst und Neugierde sind die beherrschenden Gedanken beim ersten Kontakt mit einer fremden Technologie. Die technischen Geräte versucht man aus Begriffen der bekannten Umwelt zu identifizieren. So wird bei den Indianern eine Dampflokomotive zum "Feuerross", und ein Telegraphendraht zum "singenden Draht". Papuas in Neuguinea nannten das erste Wasserflugzeug "Teufel, der vom Himmel herniederflog" und den ersten, vorbeiziehenden Dampfer beschrieben sie mit den Worten: "Dort zieht Gott 'Tibud Anut" und raucht eine lange Zigarre."
Die Bewohner der Banks-Inseln bezeichneten die weissen Besucher als "Schöpfergott Quat und seine Brüder, die aus den Booten stiegen". Auf Neuguinea avancierten die weissen Kulturbringer zum Gott "Manseren Koreri", und selbst die Fidschi-Insulaner stuften die weissen Besucher vorsichtshalber als Götter ein.
Wiederholten die eindringenden Fremden jedoch ihre Besuche, oder errichteten sie auf den Stammesgebieten gar Stationen, erkannten die Einheimischen bald die wahre, menschliche Natur der Fremden. Übrig blieb das Geheimnis um die Quelle der Technik. Wie war es möglich, dass Menschen solche fliegenden Apparate besassen? Woher hatten sie ihre überlegenen Waffen? Wenn die Fremden selbst Menschen waren wie die Einheimischen, mussten sie ihre übernatürlichen Fähigkeiten von Göttern oder von verstorbenen Ahnen haben. In vielen Fällen witterten die Stammesangehörigen hinter allen technischen Gerätschaften vom Wasserflugzeug bis zum Reissverschluss Ahnenmagie.
Nicht selten versuchen Naturvölker, technische Konstruktionen der höheren Zivilisation zu imitieren. Frank Hurley registrierte bei seiner Neuguinea-Expedition in den zwanziger Jahren, dass die Einwohner des Dorfes Kaimari das Flugboot, mit dem er dort aufgetaucht war, bald als Spielzeug bis ins Detail naturgetreu nachgebaut hatten. Es tauchte in allen Haushalten auf. Im östlichen Teil des Hochlandes von Neuguinea wurde schon zu Beginn der zwanziger Jahre die Errichtung von primitiven Funkanlagen der Insulaner beobachtet. Bambusantennen sollten Telegraphen der Persian Oil Company darstellen und zur Verbreitung der Nachricht dienen, dass endlich paradiesische Zustände eingetreten seien, in welchen es gratis Cargo gebe. Dieser Gedanke, vermehrt in den Besitz von Cargo (Ware) zu kommen, spornte sogar dazu an, Flugplätze und Landepisten für imaginäre Götter in den Dschungel zu roden. Man wollte den fliegenden Wesen Gelegenheit verschaffen, herniederzukommen und man hatte ja mit eigenen Augen erlebt, dass dazu Pisten notwendig waren. So entstand auf einer kleinen Insel Neuguineas, nahe dem Ort Wewak ein kompletter Geisterflugplatz der Einheimischen. Sie hatten beobachtet, wie japanische Besatzungssoldaten vorgegangen waren und imitierten nach dem Abzug der Fremden ihr Gebaren, um in den Besitz von Cargo zu kommen. All dies im 20. Jahrhundert.
Einen sehr eindrücklichen Fall einer modernen Mythenentstehung erlebte die venezuelanische Ethnologin L. Barcelo. Frau Barcelo studierte den Indio-Stamm der Pemon aus dem Gran Sabana Gebiet Venezuelas. Nach der Überlieferung der Pemon war ihr Kulturbringer ein Gott namens Chiricavai, der nach einem Erdaufenthalt zu den Sternen zurückkehrte, doch irgendwann wieder hier auftauchen soll. Als Frau Barcelo neuere Zeichnungen von Pemon-Indianern studierte, stellte sie zu ihrer Verblüffung fest, dass die Indios in den Himmelsbereich ihres Gottes Chiricavai ein fremdes Objekt eingezeichnet hatten, das auf früheren Malereien nicht vorhanden war. Sie erkundigte sich beim Oberpriester nach der Bedeutung dieses Objektes und der meinte lakonisch: "Das sind die Russen". Was hatte die Pemon dazu verleitet, "die Russen" in den himmlischen Bereich ihres Gottes zu verlegen?
Irgendwoher hatte ein Stammesangehöriger vernommen, dass "die Russen" einen Satelliten - ein himmlisches Gefährt - ins Weltall geschickt hatten. Nun glaubten die Pemon, sie könnten über "die Russen" ihrem alten Gott Chiricavai eine Nachricht zukommen lassen. Also verfassten die drei Schreibkundigen des Stammes einen Brief an "die Russen", den sie zur Weiterleitung einem Missionar mitgaben. Dies ist wohl eines der kuriosesten Dokumente im Verhalten von Naturvölkern der Technik gegenüber: ein Brief an "die Russen" mit einer Nachricht für den Gott Chiricavai.
Dieses Verhalten von technisch zurückgebliebenen Kulturen gegenüber einer überlegenen Machtdemonstration ist kein modernes Phänomen. Dasselbe lässt sich auch historisch im sogenannten "Entdeckungszeitalter" belegen.
"Sie begrüssten uns, als ob wir vom Himmel kämen", notierte Kolumbus in sein Bordbuch nach der Landung auf einer der Bahama-Inseln. Seine spanischen Nachfolger Cortes und Pizarro nützten dieses offensichtliche Missverständnis schamlos aus, wobei ihnen zusätzlich noch der Glaube der Azteken und Inkas half, welche ausgerechnet zur Ankunftszeit der Konquistadoren ihre Götter Quetzalcoatl und Tici Viracocha zurückerwarteten. Dabei sind die Konquistadoren nur die bekanntesten Fälle dieser Sammlung. Als der englische Captain James Cook auf Tahiti anlandete, hielten ihn die Insulaner für den zurückgekehrten Gott Rongo, welcher ihr Paradies auf einem Wolkenschiff verlassen haben soll. Die Indianer Virginias empfingen Walter Raleigh triumphal, und selbst Cabral, der portugiesische Entdecker Brasiliens, konnte sich vor den Huldigungen der Küstenbewohner kaum retten. Wie schade, dass es damals keine Fotoapparate und Tonbänder gab! Die Geschichts- und Religionsforschung hätte eine andere Richtung eingeschlagen und selbst die so klugen Psychologen müssten wohl einsehen, dass ihre modernen Deutungen über das Verhalten der Primitiven viel zu weit hergeholt, und eigentlich recht lächerlich sind. Das Verhalten, welches wir heute bei diesen Kulturkonfrontationen beobachten können, war vor Jahrtausenden nicht anders. Psychologische Verschleierungen lichten keinen Nebel, sie dienen eher zur eigenen Befriedigung und zielen in weitem Bogen an der Wahrheit vorbei.
Dem deutschen Flieger Hans Bertram retteten 1932 australische Felszeichnungen das Leben. Die Aborigines griffen ihn und seinen Begleiter nur deshalb nicht an, weil er eine Fliegerbrille trug. Etwas ähnliches kannten die Ureinwohner aus den alten Felsmalereien ihrer Götter. Wenn der Fremde so ein Ding um die Augen trug, musste er wohl mit den Göttern in Verbindung stehen. Daher blieb er am Leben.
"Da warf sich eine alte Frau zitternd auf den Boden und verbarg ihr Gesicht." So geschehen bei den Tasaday auf den Philippinen. Zitternd und das Gesicht verbergend warfen sich bei den ersten Begegnungen mit den Fremden auch alle Propheten der Bibel und anderer Überlieferungen in den Staub. Ist es denn wirklich so schwer, all dies aus heutiger Sicht zu verstehen?
Die Augenzeugen füllten ihre angstbedingten Erinnerungslücken durch alle möglichen Erfindungen; die Berichte wurden zwar detaillierter, doch auch veränderter und entstellter. Einer unbesiegbaren Neugier folgend, kehrten kleine Gruppen ängstlicher Steinzeitmenschen schliesslich an den Ort des schrecklichen Geschehens zurück. Dort stand es nun vor ihnen. Sie beobachteten es aus dem Unterholz heraus, das ihnen zumindest einigen Sichtschutz bot. Sie starrten es an und warteten. Ihr primitiver Verstand versuchte weiterhin, eine Erklärung für dieses Ding zu finden, aber alle Anstrengungen waren vergebens: es stand unerklärbar und bedrohlich vor ihnen. Schliesslich sank die Abenddämmerung herab, aber die Steinzeitmenschen hielten weiter Wache. In dieser Nacht gab es für sie keine Rückkehr zu den vertrauten Stammesfeuern, keine Rückkehr zu Frauen und Kindern, keine Rückkehr zu den nächtlichen Zeremonien und Opfern.
Bei Tagesanbruch erreichte ihre Aufregung den Höhepunkt, als sie mit ungläubigen Augen sahen, dass eine Gruppe von Lebewesen, die ihnen ähnlich waren und ihnen doch wieder nicht glichen, aus dem Bauch des Ungeheuers kam, das vom Himmel gefahren war. Dann brach ein Bär durch das Unterholz, zog schnuppernd die Luft ein, humpelte drohend auf die Fremden zu, als ob er sie verscheuchen wolle. Eines der Wesen, das vom Himmel gekommen war, hob die Hand. Ein Blitz zuckte auf, das Tier wurde nach hinten geworfen, blieb reglos liegen.
Die darauffolgenden Ereignisse lassen sich auf verschiedene Weise darstellen. Vielleicht kam es nach einiger Zeit zu Kontakten zwischen den Steinzeitmenschen und den extraterrestrischen Besuchern. Vielleicht lebten die Fremden einige Zeit bei ihnen und wurden zu Lehrmeistern und Kulturbringern. Vielleicht wurden die Steinzeitmenschen studiert, so wie heutige Ethnologen verschiedene Stämme untersuchen.
Auch nach dem Abflug der fremden Wesen blieb die Erinnerung an ihren Aufenthalt im Herzen der Steinzeitmenschen lebendig. Aber bald gab es immer mehr Stammesangehörige, die nicht zu den Augenzeugen der Landung gehört und keinen Kontakt mit den Besuchern gehabt hatten. Die Verformbarkeit menschlicher Erinnerungen, das Fehlen schriftlicher Aufzeichnungen, der harte Daseinskampf und die Skepsis der Zweifler - alle diese Einflüsse verwandelten ein ursprünglich reales Ereignis in einen Mythos, dessen Details nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem Besuch der Ausserirdischen hatten. Es blieben vereinzelte Zeichnungen an den rauchgeschwärzten Wänden der Höhlen, es blieb die Sage von einem Feuerhaus, das vom Himmel herabgefahren sei, und es blieb ein vages Bewusstsein, dass es dort oben höhere Wesen geben müsse. Das war alles.
Im 20. Jahrhundert verbleiben nur wenige Reservate dieses Planeten, die keine Kontakte mit unserer Technologie hatten. Diese Rückzugsgebiete vereinzelter Stämme liegen vorwiegend in den Urwäldern Südamerikas, seltener in Afrika (Kalahari) und vor allen Dingen in der westpazifischen Inselwelt Melanesiens und Mikronesiens. Bei den ersten Kontakten mit unserer Technologie verhielten sich diese Völker nicht grundlegend anders als der erfundene Fall unserer Steinzeitmenschen. Auch lässt sich beweisen, dass in Die Lebensumstände dieser Menschen sind nach unserem technologischen Standard primitiv und in mancher Beziehung nicht viel besser als die der benachbarten australischen Ureinwohner. Das Eigenartigste an diesen Menschen ist ihre Religion. Sie konzentriert sich ausschliesslich auf eine geheimnisvolle Gestalt, einen Gott, den sie als "John Frum" kennen, und der natürlich nicht unter ihnen weilt. Die Insulaner tragen Tätowierungen auf ihrer Haut, die sie selbst nicht lesen können: USA. Sie versichern, vor langer Zeit habe sie der König eines fernen Landes, Amerika hiess es, besucht; der Gott habe sich John Frum genannt und habe versprochen, eines Tages zurückzukommen und ihr armseliges Leben zu bessern.
Frum muss ein Amerikaner gewesen sein, der offenbar allein nach Tanna verschlagen wurde und dem es gelang, ein gutes und bedeutungsvolles Verhältnis zu den Eingeborenen zu entwickeln. Er lehrte sie einiges und schenkte ihnen ein paar Münzen, zwei Geldscheine, einen Helm und andere Kleinigkeiten. Er gab ihnen sogar ein Foto, das entweder ihn selbst oder jemand anders darstellte. Nach Meinung der Insulaner bedeutet USA soviel wie "gelobtes Land". Gott Frum kannte die Geheimnisse der Natur, er unterrichtete sie über Blitz und Schall, über Wind und Himmelszeichen. Auch kannte er offensichtlich einige Heilmittel gegen Krankheiten. Vor allem aber war er anders als die Insulaner: er war grösser, hatte hellere Haut, sprach seltsam und pflegte merkwürdige Gewohnheiten.
Als in letzter Zeit Besucher aus dem Westen nach Tanna kamen, fanden sie eine ganze Nation vor, die auf die Rückkehr ihres Gottes John Frum wartete. Innert wenigen Jahrzehnten war eine neue Religion entstanden. Was spricht eigentlich so partout dagegen, dass unsere Vorfahren sich nicht ganz ähnlich verhielten, als höhere, ihnen überlegene Wesen auftauchten?
Am 16. Oktober 1978 strahlte die BBC-London in ihrer Dokumentarserie PANORAMA einen Film aus, in dem ein Raketenstart in Zaire, Afrika, gezeigt wurde. Die Kamera schwenkte auf eine Gruppe von Schwarzen, welche die Vorgänge bestaunten. Ein Dolmetscherfragte, was sie von dem Treiben hielten. Ein Neger antwortete: "Das sind unsere mächtigen Freunde, die Feuer in den Himmel schicken!" - Wer weiss, wenn die Männer der Weltraumfirma längst wieder abgerückt sind, wird sich dann ein "Raketenkult" entwickeln?
Als Ethnologen zum ersten Mal den Stamm der Tasaday (Philippinen) mittels Helikopter besuchten, warf sich eine alte Frau zitternd auf den Boden und verbarg ihr Gesicht. Der Rest des Stammes bestaunte das himmlische Ungetüm aus sicherer Entfernung. Nach den ersten, zaghaften Kontaktnahmen schmuggelten die Wissenschaftler ein Tonbandgerät in die Wohnhöhle einer Tasaday-Sippe und registrierten die Reaktionen auf ihren Besuch. Auf "dem Ding, das die Stimme stiehlt", wie die Tasaday es später nannten, drückten sie Ehrfurcht vor dem "grossen Vogel" aus, der ihnen viele wertvolle Geschenke gebracht hatte. Sie waren der Meinung, dass sie stets von neuem in den Genuss der feinen, fremden Dinge gelangten, sofern sie sich mit den Bewohnern des "grossen Vogels" gut stellten.
Das Beispiel der Tasaday belegt eindrücklich: Angst und Neugierde sind die beherrschenden Gedanken beim ersten Kontakt mit einer fremden Technologie. Die technischen Geräte versucht man aus Begriffen der bekannten Umwelt zu identifizieren. So wird bei den Indianern eine Dampflokomotive zum "Feuerross", und ein Telegraphendraht zum "singenden Draht". Papuas in Neuguinea nannten das erste Wasserflugzeug "Teufel, der vom Himmel herniederflog" und den ersten, vorbeiziehenden Dampfer beschrieben sie mit den Worten: "Dort zieht Gott 'Tibud Anut" und raucht eine lange Zigarre."
Die Bewohner der Banks-Inseln bezeichneten die weissen Besucher als "Schöpfergott Quat und seine Brüder, die aus den Booten stiegen". Auf Neuguinea avancierten die weissen Kulturbringer zum Gott "Manseren Koreri", und selbst die Fidschi-Insulaner stuften die weissen Besucher vorsichtshalber als Götter ein.
Wiederholten die eindringenden Fremden jedoch ihre Besuche, oder errichteten sie auf den Stammesgebieten gar Stationen, erkannten die Einheimischen bald die wahre, menschliche Natur der Fremden. Übrig blieb das Geheimnis um die Quelle der Technik. Wie war es möglich, dass Menschen solche fliegenden Apparate besassen? Woher hatten sie ihre überlegenen Waffen? Wenn die Fremden selbst Menschen waren wie die Einheimischen, mussten sie ihre übernatürlichen Fähigkeiten von Göttern oder von verstorbenen Ahnen haben. In vielen Fällen witterten die Stammesangehörigen hinter allen technischen Gerätschaften vom Wasserflugzeug bis zum Reissverschluss Ahnenmagie.
Nicht selten versuchen Naturvölker, technische Konstruktionen der höheren Zivilisation zu imitieren. Frank Hurley registrierte bei seiner Neuguinea-Expedition in den zwanziger Jahren, dass die Einwohner des Dorfes Kaimari das Flugboot, mit dem er dort aufgetaucht war, bald als Spielzeug bis ins Detail naturgetreu nachgebaut hatten. Es tauchte in allen Haushalten auf. Im östlichen Teil des Hochlandes von Neuguinea wurde schon zu Beginn der zwanziger Jahre die Errichtung von primitiven Funkanlagen der Insulaner beobachtet. Bambusantennen sollten Telegraphen der Persian Oil Company darstellen und zur Verbreitung der Nachricht dienen, dass endlich paradiesische Zustände eingetreten seien, in welchen es gratis Cargo gebe. Dieser Gedanke, vermehrt in den Besitz von Cargo (Ware) zu kommen, spornte sogar dazu an, Flugplätze und Landepisten für imaginäre Götter in den Dschungel zu roden. Man wollte den fliegenden Wesen Gelegenheit verschaffen, herniederzukommen und man hatte ja mit eigenen Augen erlebt, dass dazu Pisten notwendig waren. So entstand auf einer kleinen Insel Neuguineas, nahe dem Ort Wewak ein kompletter Geisterflugplatz der Einheimischen. Sie hatten beobachtet, wie japanische Besatzungssoldaten vorgegangen waren und imitierten nach dem Abzug der Fremden ihr Gebaren, um in den Besitz von Cargo zu kommen. All dies im 20. Jahrhundert.
Einen sehr eindrücklichen Fall einer modernen Mythenentstehung erlebte die venezuelanische Ethnologin L. Barcelo. Frau Barcelo studierte den Indio-Stamm der Pemon aus dem Gran Sabana Gebiet Venezuelas. Nach der Überlieferung der Pemon war ihr Kulturbringer ein Gott namens Chiricavai, der nach einem Erdaufenthalt zu den Sternen zurückkehrte, doch irgendwann wieder hier auftauchen soll. Als Frau Barcelo neuere Zeichnungen von Pemon-Indianern studierte, stellte sie zu ihrer Verblüffung fest, dass die Indios in den Himmelsbereich ihres Gottes Chiricavai ein fremdes Objekt eingezeichnet hatten, das auf früheren Malereien nicht vorhanden war. Sie erkundigte sich beim Oberpriester nach der Bedeutung dieses Objektes und der meinte lakonisch: "Das sind die Russen". Was hatte die Pemon dazu verleitet, "die Russen" in den himmlischen Bereich ihres Gottes zu verlegen?
Irgendwoher hatte ein Stammesangehöriger vernommen, dass "die Russen" einen Satelliten - ein himmlisches Gefährt - ins Weltall geschickt hatten. Nun glaubten die Pemon, sie könnten über "die Russen" ihrem alten Gott Chiricavai eine Nachricht zukommen lassen. Also verfassten die drei Schreibkundigen des Stammes einen Brief an "die Russen", den sie zur Weiterleitung einem Missionar mitgaben. Dies ist wohl eines der kuriosesten Dokumente im Verhalten von Naturvölkern der Technik gegenüber: ein Brief an "die Russen" mit einer Nachricht für den Gott Chiricavai.
Dieses Verhalten von technisch zurückgebliebenen Kulturen gegenüber einer überlegenen Machtdemonstration ist kein modernes Phänomen. Dasselbe lässt sich auch historisch im sogenannten "Entdeckungszeitalter" belegen.
"Sie begrüssten uns, als ob wir vom Himmel kämen", notierte Kolumbus in sein Bordbuch nach der Landung auf einer der Bahama-Inseln. Seine spanischen Nachfolger Cortes und Pizarro nützten dieses offensichtliche Missverständnis schamlos aus, wobei ihnen zusätzlich noch der Glaube der Azteken und Inkas half, welche ausgerechnet zur Ankunftszeit der Konquistadoren ihre Götter Quetzalcoatl und Tici Viracocha zurückerwarteten. Dabei sind die Konquistadoren nur die bekanntesten Fälle dieser Sammlung. Als der englische Captain James Cook auf Tahiti anlandete, hielten ihn die Insulaner für den zurückgekehrten Gott Rongo, welcher ihr Paradies auf einem Wolkenschiff verlassen haben soll. Die Indianer Virginias empfingen Walter Raleigh triumphal, und selbst Cabral, der portugiesische Entdecker Brasiliens, konnte sich vor den Huldigungen der Küstenbewohner kaum retten. Wie schade, dass es damals keine Fotoapparate und Tonbänder gab! Die Geschichts- und Religionsforschung hätte eine andere Richtung eingeschlagen und selbst die so klugen Psychologen müssten wohl einsehen, dass ihre modernen Deutungen über das Verhalten der Primitiven viel zu weit hergeholt, und eigentlich recht lächerlich sind. Das Verhalten, welches wir heute bei diesen Kulturkonfrontationen beobachten können, war vor Jahrtausenden nicht anders. Psychologische Verschleierungen lichten keinen Nebel, sie dienen eher zur eigenen Befriedigung und zielen in weitem Bogen an der Wahrheit vorbei.
Dem deutschen Flieger Hans Bertram retteten 1932 australische Felszeichnungen das Leben. Die Aborigines griffen ihn und seinen Begleiter nur deshalb nicht an, weil er eine Fliegerbrille trug. Etwas ähnliches kannten die Ureinwohner aus den alten Felsmalereien ihrer Götter. Wenn der Fremde so ein Ding um die Augen trug, musste er wohl mit den Göttern in Verbindung stehen. Daher blieb er am Leben.
"Da warf sich eine alte Frau zitternd auf den Boden und verbarg ihr Gesicht." So geschehen bei den Tasaday auf den Philippinen. Zitternd und das Gesicht verbergend warfen sich bei den ersten Begegnungen mit den Fremden auch alle Propheten der Bibel und anderer Überlieferungen in den Staub. Ist es denn wirklich so schwer, all dies aus heutiger Sicht zu verstehen?
hans-wolfgang - am Freitag, 8. Oktober 2004, 13:52